Die Riffesers
Luis Riffeser war gerade mal zwölf Jahre alt, als er 1866 von seinem Vater mit einer „Kraxe“ voller Schnitzereien auf Wanderschaft geschickt wurde. Nach erfolgreichen Verkäufen in die Heimat zurückgekehrt musste er erfahren, dass sein Vater verstorben war.
Es war dies für den jungen Buben ein harter Schlag, doch fasste er sich ein Herz und sich vor in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und erfolgreicher Kaufmann zu werden. Er besuchte die Handelsmessen in Deutschland erschuf unzählige neue Modelle und brachte es so in kurzer Zeit zu Ansehen und Wohlstand. Noch heute sind viele seiner Modelle, einst im Besitz seines Handelsvertreters Jean Senoner „da Vastle“ im Heimatmuseum von St. Ulrich zu sehen.
Am 4. Mai 1887 wurde Anton Riffeser geboren. Schon bald nach Beendigung seiner Schulzeit gründete der ehrgeizige Jüngling seine eigene Firma. Die Anfangsjahre waren hart, doch nahm die Geschichte eine günstige Wende, als er 1912 seine Karolina heiratete, die ihm mit viel Geschick, die mit der Vergabe der Heimarbeiten verbundene große Arbeitslast abnahm, wodurch sich Anto ganz auf den Vertrieb konzentrieren konnte.
Ihr Glück wurde vervollständigt, als ihnen bald der Sohn Anton (Toni) geboren wurde. Doch dieses Glück war nur von kurzer Dauer: mit der Ermordung von Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo wurde der Erste Weltkrieg entfesselt und Anton Riffeser verließ als einer der ersten in der Uniform der Tiroler Kaiserschützen sein Heimattal. Von den Russen gefangengenommen, verbrachte Anton sechs entbehrungsreiche Jahre als Kriegsgefangener in einem Lager am Baikalsee.
Dank dem schwedischen Roten Kreuz besserten sich die Lagerverhältnisse nach einiger Zeit und den Grödnern wurde ein eigenes Lokal zur Verfügung gestellt, welches bald den Namen „Künstlerstube“ erhielt und in dem geschnitzt, gemalt und gezeichnet wurde. Eine von einem Kriegskameraden Anton Riffesers’s gezeichnete Skizze mit den Stubeninsassen befindet sich noch heute in Familienbesitz.
In jener Zeit begann Anton die englische Sprache zu erlernen. Dies sollte ihm in späteren Jahren von großem Nutzen werden. Er hatte Zeit Pläne zu schmieden, die er nach seiner Rückkehr nach Gröden verwirklichen wollte vor allem würde er ein geräumiges Haus bauen mit genügend Raum für Warenlager, Musterräumen und Büros. Die neue Firma sollte AN-RI heißen, nach Anton Riffeser.
Als in Brest-Litowsk endlich Frieden geschlossen wurde, begann auch die Rückführung der Gefangenen, die Anton zuerst nach Sibirien und China führte, von wo er dann auf dem Seeweg nach Venedig gelangte. Auf dieser Reise lernte er einen amerikanischen Offizier kennen, dem er ein russisches Bauernpaar schnitzte. Jahre später taucht übrigens selbiger Amerikaner in Gröden auf und bringt eines der beiden Stücke als Andenken an jene Tage im Fernen Osten mit.
Bei der Einschiffung in Tientsin erfahren die Grödner, dass sie inzwischen italienische Staatsbürger geworden sind. In Venedig angekommen, geht es mit dem Zug in die Heimat, nach Bozen. Dort erwartet ihn am Bahnhof seine Frau Karolina, An der Hand führt sie den kleinen Toni – er ist inzwischen acht Jahre alt geworden.
von Edmund Dellago – ©ANRI