Zinnkunst

Zinnkunst – Zinnfiguren und Ornamente findet man bereits im Altertum. Dort bis hin zur Mitte des 20. Jhd. waren sie hauptsächlich Spielfiguren für Kinder. Später wurden die Figuren immer realistischer gestaltet und dienten immer weniger zum Spielen als zur Darstellung historischer Ereignisse – anfangs überwiegend militärischer, später immer mehr auch ziviler Natur.

Heute gibt es Zinnfiguren aus allen Bereichen der darstellenden Kunst, von der historischen Figur über Fantasy/Science Fiction bis zum Weihnachtsbaumschmuck. Die historischen Themen reichen von den Dinosauriern über Napoleon bis zur Mondlandung. Zinnfiguren werden immer häufiger von hervorragenden Künstlern entworfen, modelliert/graviert und bemalt, sodass sie einen großen Wert darstellen können.

Zinnfiguren werden in zwei Kategorien eingeteilt:

*) Die traditionellen Flachfiguren, in Schiefer graviert und aus diesen Formen gegossen. Nach einer Zeichnung bearbeitet der Graveur mit künstlerischer Hand die Steine, bis nach und nach die Form für eine Zinnfigur entsteht.

*) Plastische Figuren, die zuerst als Modell entstehen, aus dem man die Gießform herstellt. Nach dem Entwurf wird ein positives Urmodell angefertigt, von dem dann die negative Form abgenommen wird. Das so genannte “Positivverfahren” gestattet die Herstellung immer neuer Formen vom einmal vorhandenen Modell, denn Gießformen werden schnell unscharf und damit unbrauchbar.

Die meisten Zinnfiguren werden noch heute aus einer Zinnlegierung nach einer Jahrhundert alten Rezeptur aus etwa 55% Zinn, 39% Blei und 6% Antimon gegossen. Nur damit lässt sich die hohe Detailgenauigkeit und Feinheit der Zinnfiguren gewährleisten.

Gravieren – eine Handwerkskunst

Mitunter vergeht viel Zeit, ehe aus einer Bleistiftskizze eine verkaufsfähige Zinnfigur wird. Wer den ganzen Entstehungsprozess näher kennenlernt, weiß zu schätzen, wie viel Arbeit und kunsthandwerkliches Geschick hinter den reizenden Gebilden steckt. Wenn der Entwurf als Zeichnung vorliegt, wird das Motiv von einem Handgraveur mit Stichel und Schaber aus den flachen Schieferplatten als Negativrelief herausgearbeitet. Dabei müssen die Vorder- und Rückseite des Reliefs absolut passgenau sein. Immer wieder wird ein Probeguss gefertigt und die Vorlage verbessert, bis die Form schließlich passt. Die Arbeit ist vergleichbar mit einem Steinmetz oder Bildhauer, nur dass die Figur nicht positiv, sondern negativ abgebildet wird.

Der Handguss

Das Gießen selber geschieht relativ zügig: Mit einem Gusslöffel wird auf rund 400 Grad erhitztes Zinn in die doppelseitige Form gegossen. Damit die Luft entweichen kann sind im Model auch feine Luftkanäle eingraviert. Das erhitzte Metall fließt in alle Hohlräume, kühlt ab und erstarrt. Bereits wenige Sekunden nach dem Guss wird die Form geöffnet und der silberglänzende Rohling kann aus der Schieferform entnommen werden. Dann werden die dicken Eingusszapfen und die Lufttrompeten entfernt.

Weitere Handgriffe

„Neugeborene“ Figuren, die dem prüfenden Blick nicht standhalten, wandern wieder in den Schmelztiegel. „Fehlgeburten“ sind jedoch dank der geübten Hände selten und so häufen sich die guten Stücke in kleinen Gruppen: Weihnachtsmänner, Engel und schmückende Herzen. Sie stehen oder liegen dann neben bzw. aufeinander und warten darauf, dass sie entgratet und poliert werden, bevor ihnen schließlich noch mit Farbe eine Seele einverleibt wird.

Durch Bemalen zum Unikat

Das Bemalen ist im Allgemeinen das letzte Glied in der langen Kette von Arbeitsschritten. Es erfordert viel Geduld und Übung, ehe man es meisterlich beherrscht. Hauchdünn sind die Pinsel, mit denen die Zinnobjekte mit großer Liebe fürs Detail bemalt werden – vornehmlich mit Emaillack, aber auch mit Öl- oder Acrylfarben. Mit dem Bemalen sind überwiegend Damen in Heimarbeit beschäftigt, die beispielsweise eine Ausbildung als Porzellanmalerin absolviert haben. Durch die Handarbeit erlangt jede Figur ihren individuellen Ausdruck und ist ein kleines Original.